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Umsatzsteuer – ein Experiment mit skurrilem Ende

Früher habe ich immer die Unternehmer beneidet, die eine Umsatzsteuer-IdNr. haben: Sie wirkten auf mich professioneller, und man unterstellt ihnen automatisch höhere Einnahmen und mehr Souveränität.

Mein Betrieb befand sich von 2012-2021 in der Kleinunternehmerregelung, und ich habe nebenher die eine oder andere Festanstellung angenommen. Von selbst bin ich aber nicht auf die Idee gekommen, eine USt-IdNr. zu beantragen: Dies wurde vom Finanzamt München vorgeschlagen bzw. festgelegt – vor meinem Umzug nach Leipzig.

 

Der „Steuerberater“ war immer ich selbst – eine Tatsache, die manche Menschen befremdlich finden, andere wiederum jedoch nachvollziehbar und sinnvoll.

Doch mit der Umsatzsteuer wurde es schon viel. Leider musste ich nun feststellen, dass ich netto weniger verdient habe als im Vorjahr mit Kleinunternehmerregelung – schade bei dem wesentlich größeren Verwaltungsaufwand, den ich gar nicht mag und für den andere einen Steuerberater zahlen müssten.

Ein Jahr mit Kartoffeln, Nudeln und Second-Hand-Kleidung

Umsatzsteuer-IdNr. bedeutet nicht, dass man schnell reich wird: Ich mag Second-Hand-Kleidung und zahlreiche Kartoffel- und Nudelspeisen viel lieber als irgendwelche Restaurant-Besuche, aber etwas mehr Luxus könnte schon sein.

Wenn man in einem Jahr zudem mit Problemen zu kämpfen hat wie einer freiwilligen Führerscheinabgabe und dem Eintreiben von Scheidungskosten von einem wenig zahlungsbegeisterten und meist monatelang nicht antwortenden Exmann, dann ist das alles zusätzlich zu dem monatlichen USt-Stress alles andere als schön.

1 x im Jahr das große Rechnen – besser für die Kreativität!

Ich finde es angenehmer, wenn man nur 1 x im Jahr Kontakt mit dem Finanzamt hat: Man kann das ganze Jahr über kreativ sein, und zu Beginn des nächsten Jahres kommt die große Rechnerei. Klar ist dabei, dass die EÜR fortlaufend geführt wird, sodass jeden Tag Eintragungen in einer Datei vorgenommen werden können – eine Sache, die niemand aus dem Finanzbereich gern hört, denn alle wollen teure Programme loswerden.

 

Wie sich bei meinem Betrieb festgestellt hat, stellt sich im Jahr danach die große Reue ein, monatlich eine USt-Voranmeldung abgegeben zu haben, da sich bei einer Jahresrechnung zu viele Fehler finden. Es kommt das Gefühl auf: „Alles ist falsch, was die USt. anbelangt, und ich bin da halt kein Experte. Bislang hatte ich noch nie den Wunsch, alles von einer anderen Person nachrechnen zu lassen, aber mit der USt.-Sache kommt es leichter dazu, dass man sich selbst benachteiligt – wenn man gewöhnt ist, alles an maximaler Effizienz zu orientieren.“

Wutentbrannter Steuerberater – das muss doch nicht sein!

Ich bin mir sicher, dass ein Steuerberater mit meinem Betrieb nicht vor Wutanfällen verschont geblieben wäre und mir mehrmals dazu geraten hätte, etwas anderes zu machen – doch mir ist die Selbstständigkeit halt am liebsten. Im eigenen Betrieb kann ich mir selbst treu sein, während es bislang noch keinen Fremdbetrieb gab, von dem ich mich nicht irgendwann verabschiedet hätte.

 

Image by Peggy und Marco Lachmann-Anke from Pixabay